Thursday, June 19, 2008

Feucht-fröhlich auf Thai


Mit wollenen Ringelsocken, Mütze und mehreren Schichten Jacken sitze ich bibbernd und Füße reibend auf einem Metallstuhl am Gate, während Jan unter dem Handtrocknegerät der Männertoilette sein nasses Shirt fönt. Draußen sind es weit über 30 Grad. Die anwachsende Schar wartender Japaner, uniformistisch gekleidet und in unkritisierbar korrekter Haltung, ignoriert großzügig meinen lächerlichen Anblick. Der japanische Reisende verfügt offenbar über eine konstant hohe Körperwärme. Warten auf den Flug nach Tokyo im stilistisch wie temperaturtechnisch unterkühlten Megaflughafen Bangkok.

Heute feiert Thailand Neujahr: gut getroffen? Ja: Aus den Riesenwasserpistolen junger Thais, die dicht gedrängt auf der Ladefläche von Pickups hängen und Passanten und Kontrahenten kreischend unter Wasser setzen. Gut getroffen auch aus den Wasserschläuchen der Angestellten, die vor Praxis- und Ladeneingängen auf neue Opfer warten. Aus den bunten Plastikeimern der Kinder, die sie auf vorbeifahrende Autos, in offen stehende Bustüren oder – am liebsten! – in den Fahrgastraum vollbesetzter Tuktuks, der Motorradrikschas entleeren. Dieses Treiben beobachten wir schon auf den ersten Metern Richtung Silom Road. Dort, so wurde uns empfohlen, könne man die Zeit bis zum Weiterflug überbrücken. Wir freuen uns angesichts des offensichtlich hohen Spaßfaktors dieser Art der Silvesterfeierlichkeit: Feucht-fröhlich auf Thai. Im Getümmel dürfen wir dann feststellen, dass auch bepackten Touristen keine Gnade gewährt wird. Schon ziemlich durchnässt, stoßen wir zwischen Hochhäusern schließlich auf den ersten Tempel, der mit disneyhafter Farbigkeit und einem Geruchsnebel aus Blüten und Räucherstäbchen seinen Teil zur Sinne verwirrenden Atmosphäre der Stadt beisteuert. Doch bevor wir ihn betreten können, lernen wir einen zweiten Neujahrsbrauch kennen: Grinsende Thais bestreichen unser Gesicht mit einer weißen, kreideschlammartigen Substanz. Eine besonders spaßige Feiertagspraxis, die uns verwirrt: In Thailand, so lasen wir in unserem Reiseführer, sollte man Berührungen des Gesichts eines Gegenübers unbedingt vermeiden, da sie als beleidigend empfunden werden. Dort stand nicht: Kleiden Sie sich an Neujahr bitte wasserfest. Wir werden ihn wohl im nächsten Wasserbottich versenken. Auf dem Rückweg zum Flughafen im barbiepinken Taxi reinigen wir uns notdürftig. Nach einem halben Tag auf Reisen sehen wir aus, als wären wir schon Monate unterwegs.

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