Saturday, January 20, 2007

Das Buero und der Berg

Die fetten Tage sind vorueber. Seit Beginn letzter Woche darf ich mich wieder zur produktiven Bevoelkerung zaehlen - und bereue es jeden morgen um halb 7, wenn ich mich aus dem Bett quaele, um vor der Arbeit wenigstens noch kurz in den Ozean zu springen oder ihn mit leeren Augen vom Balkon aus anstarre.
Der australische Bueroalltag unterscheidet sich in einigen Merkmalen vom deutschen. Ab 18 Uhr wird kistenweise Bier aufgefahren, ein kleiner Incentive, um die Angestellten bei Laune und im Buero zu halten. Wer nicht trinken will schaut den Asiaten beim Trinken zu, die vertragen zwar nichts, ignorieren das aber vollkommen. Freitags wird schon um 15 Uhr getrunken, da das aber recht spaet ist, wird die Zeit bis dahin ab Mittag im Pub bei Bier und Cricket ueberbrueckt.
In der Zwischenzeit wird aber gearbeitet - sofern moeglich. Leider unterhaelt sich mein Chef mit mir lieber ueber deutsche Autos, vorzugsweise seines, als ueber Aufgaben, idealerweise meine.

Am Wochenende zuvor verliess ich Sydney zum ersten mal seit meiner Ankunft - ich bin mir der Schande bewusst.
Reiseziel war sozusagen das Zentrum des Kontinents. Ayers Rock.
Also zunaechst im Flieger nach Alice Springs, der Stadt, die sich idyllisch an einen ausgetrockeneten Fluss schmiegt.


Machte dort auch meine erste Bekanntschaft mit den Aborigines, die lustigen Musikanten im Hafen von Sydney mal ausgenommen. Ich bezweifel, dass es ein besseres Beispiel fuer misslungene Integration und fehlgeschlagene Coexistenz gibt.

Von dort gings weiter ins Outback zum Streichelzoo ...... zu verschiedenen roten Steinen und Wasserloechern ...

... und schliesslich ins Bushcamp.

Schlafen unter freiem Himmel - perfekt, dachten wir.
Touristen mitten in der Wueste - perfekt, dachten sich die kindskopf grossen Heuschrecken.

Im Laufe des Abends stellte sich dann heraus, dass sich in unserer Gruppe ein weiterer Terrorbembel Fan befand, wohl der einzige, der sich neben mir derzeit in Australien aufhaelt. Wir haben allerdings darauf verzichtet, die alten Hits am Lagerfeuer nachzusingen.

Triffst Du den Hack, dann fliegt er munter,
triffst Du ihn nicht ...

Abschliessend bestiegen wir den Uluru (f.k.a. Ayers Rock), gefolgt von ausgiebigen Diskussionen ueber die Missachtung der Aborigines Kultur, die man damit zwanglaeufigbegeht.
Auf allen Schildern am Berg finden sich widersprechende Botschaften: "Zum Aufsteig hier lang - bitte steigen Sie nicht auf". Schliesslich ist noch eine Kette zur besseren Besteigung montiert.
Der Entdeckergeist siegte, der Ausblick belohnte und ein schlechtes Gewissen blieb.

Thursday, January 18, 2007

Delirieren ist besser als Vegetieren


Schon wieder auf dem Sprung zurück aus Dar. Die letzten Tage waren im allgemeinen sehr schön, insoweit ich das durch das Hotelfenster begutachten konnte, denn für mich im speziellen waren sie geprägt von einem einheimischen Mix aus Bakterien, Amöben, Salmonellen (beispielhaft siehe oben; Alternativen hier)., so dass ich eigentlich überwiegend nur liegen und die Welt verfluchen konnte. In Momenten wie diesen, in denen einem alle weltlichen Freuden genommen sind, fällt einem schnell wieder ein, warum man das Reisen in diese Gebiete eigentlich sein lassen wollte.

Erinnerungen an Weihnachten in Simbabwe 2004 und die nachfolgenden Tage des Deliriums wurden wach. Damals hatte ich an den Fluch Mugabes geglaubt, weil ich meinen Aufenthaltstitel gefälscht hatte. Und auch diesmal verstand ich meine Erkrankung natürlich als Strafe für begangene Schuld. Natürlich habe ich wieder gesündigt. Natürlich habe ich dem 72-seitigen „Health“-Teil des Lonely Planet wieder nicht detailliert Folge geleistet und nicht jedes Salatblatt unter dem Steak weggezogen, nicht jeden Eiswürfel purifiziert, mich nicht gegen Meningokokken-Enzephalitis geimpft und sogar einen einheimischen Bockseintopf (aka Knochen im Hautmantel in Pampe) genossen. Und natürlich musste ich dafür leiden.

Zwischenzeitlich hatte ich mich zum Arzt schleppen könnnen, der mir nach mannigfaltigen Untersuchungen bescheinigte, dass ich nicht log („No, really, there is definitely something going on“), und mich dann auf eine Selbstheilung durch den tatsächlich im Hotel empfänglichen Sender ZDF eingelassen. Dadurch kenne ich nun einige neue Fernsehserien und Wintersportler und den Orkan. Und weiß, dass die Nachrichtensprecherin des Morgenmagazins alle halbe Stunde mit einem anderen neckischen Spruch das Wort an den Wetteransager übergibt. Was ungefähr so lustig ist, als wenn einem jemand mit der Jagdpfeife ins Ohr bläst.

Auf die Zuschaltung der Webcam habe ich aufgrund der geringen Dynamik meiner Aktivität verzichtet. Stattdessen telefonierte ich mit zuhause und beklagte mich über mein Befinden, woraufhin mich meine Gesprächspartner bemitleideten und ihrerseits von ihren gerade (bzw. immer noch nicht) ausgestandenen Leiden usw. erzählten. Nachher kam auf ZDF eine sogenannte Doku-Fiktion über das Jahr 2030. Und für einen Moment fühlte ich mich, als sei ich schon da, auch wenn ich nicht wie die anderen Greise in stillgelegten Theaterhallen campierte, sondern im Royal Palm Moevenpick, was in meinem spezifischen Elend allerdings auch keine Erleichterung war. Denn wenn man erstmal vor sich hin vegetiert, wird einem natürlich sofort bewusst, dass das Delirieren, das man zuvor als das schlimmste empfunden hatte, eigentlich das angenehmste ist, zumindest gegen das Vegetieren.

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In der Abflughalle des Airport Dar es Salaam (die nicht klimatisiert war, worunter ich zusammen mit den anderen Pensionären sehr litt), schrieb ich diese Zeilen und sandte sie in den Äther, der sie aber ignorierte, daher kommen sie nun aus Berlin. Nach einem sehr langen Reisetag bin ich gerade noch rechtzeitig vor Eintreffen des großen Orkans über Amsterdam hierher zurückgekehrt. Wenige Stunden später begannen sie die Flüge zu streichen. In Amsterdam konnte ich vor Seitenwind schon nur erheblich schwankend einsteigen. Meinen Koffer erhielt ich komplett durchweicht zurück, was mich ebenfalls sehr deprimiert hat. Und dann hatte auch noch Ede kapituliert, und überall waren Kommentatoren und Experten, denen lange Geiferfäden aus den Mäulern hingen.

Après nous le déluge.

Sunday, January 14, 2007

Presseschau Tansania

Um dem Beispiel des Emeriten LeJens zu folgen, hier auch noch einige Presse-Ausrisse aus der Medienhochburg Dar es Salaam:


Schulkinder freuen sich über die Ernennung der tansanischen Spitzenpolitikerin Dr. Migiro zur Vize-Generalsekretärin der Vereinten Nationen.


Dieser Gedankengang hat sich mir erst nach mehrmaligem Lesen erschlossen.

Auf Wilhelms Spuren

Seit vier Tagen in Dar es Salaam, seit drei Tagen rührt sich nichts in der Stadt. Am Freitag haben sie die sansibarische Revolution gefeiert, allerdings freut sich der Tansanier wohl eher nach innen, denn auf den Straßen herrscht Stille. Ganz im Gegenteil zu meinem Hotelzimmer, da sich das Royal Palm Moevenpick schönerweise gerade in sehr umfassenden Umbauten befindet, insbesondere die Zimmer direkt über, unter und neben mir. Daher befinde ich mich im akustischen Zentrum des Bohrens, Hämmerns und Schleifens. Den Geräuschen zufolge soll aus allen umliegenden Zimmern ein direkter Durchbruch zu dem meinigen hergestellt werden.


Um mich von der "ohrenbetäubenden Stille" (Lauterbach) abzulenken und gleichzeitig der Bauhölle zu entkommen, beschloss ich die Fähre meiner deutschen Vorbesucher aufzunehmen. Bis auf etwas Kolonialarchitektur am Hafen war allerdings nicht viel zu sehen. Im Nationalmuseum fanden sich immerhin noch einige Memorabilia wie das obenstehende Schild und einige Freilassungsurkunden begnadigter Sklaven.

Was sehen Sie auf diesem Bild?





a) Riesenmikrobe

b) Endemisches Insekt

c) Tansanische Zahnbürste nach der ersten Benutzung

Der Gewinner bekommt das Exemplar per DHL zugeschickt. Bitte Adresse angeben.

Sunday, January 07, 2007

Das Ende der Welt

In den Medien der alten Welt wird selten ueber Australien berichtet - verstaendlich, es ist am anderen der Welt und es passiert wenig ausser Waldbraenden und Haiattacken.

Es muss also die Rache des Australiers sein, dass er sich konsequenterweise auch nicht fuer uns interessiert.
Dass er es mit diesem Desinteresse Ernst meint, zeigt er manchmal allzu deutlich.

Saturday, January 06, 2007

Tausche Hustenhölle gegen Hitzehölle

Endlich ein neuer Auftrag. Allerdings erneut Tansania. Fliege in wenigen Tagen ab und bin schon auf wieder auf der berüchtigten Malaria-Prophylaxe, die mir sogleich eine äußerst lange und traumreiche Nacht beschert hat.



Nachdem mich meine Freundin letztes Jahr beauftragt hat, in Tansania den Spuren des Nilbarschs nachzugehen (siehe hier), habe ich nun die Mission, ihr ein dem obenstehenden Tier zumindest ähnlich sehendes Exemplar zu beschaffen. Was etwas schwierig wird, weil die Viecher eigentlich nur in Mittelamerika existieren - und auch dort zumeist nur in Astlöchern rumhängen. Aber irgendetwas annähernd vergleichbares wird schon aufzutreiben sein. Vermutlich wieder in Handtaschenform.

In Dar sind es lt. Wetterprognose mal wieder 32 Grad und ca. 99% Luftfeuchtigkeit. Nehme aber die Hitzehölle Tansania gerne in Kauf, um der Hustenhölle Linienstraße* zu entgehen. Im Büro geht ein tuberkulöser Husten um. Von überallher dringt ein mal brockiges, mal kehliges, mal ins Würgende tendierende Gehuste. Vielleicht nicht ganz zufällig tritt diese Kakophonie genau seit der Rückkehr zweier Kollegen aus der Mongolei auf. Waren wir im November noch Opfer eines fiesen indonesischen Schnapphustens, werden wir nun also vom mongolischen Brockhusten in den Wahnsinn getrieben. Es wird sowieso m.E. viel zu wenig über nervtötende Bürogeräusche gesprochen. Früher litt ich unter dem einzigartigen einsaugenden Gähnen meines Tischnachbarn, dann unter dem minutenlangen Keuchen der ins 4. OG hochgestiegenen Kollegen, nun also der Husten. Was kommt als nächstes?

Warte unterdessen noch auf Neuigkeiten des Emeriten LeJens, insbesondere bzgl. seiner sogenannten Arbeitssuche. Zugleich höre ich, dass sogar der als bodenständig geltende Lauterbach bald das deutsche Festland verlassen wird, um im Exil an seinem von ihm selbst abwechselnd als "epochal", "wegweisend" oder "genreprägend" (sic) bezeichnetem Werk zu arbeiten. Hoffentlich also bald mehr von dieser Stelle.

*Da arbeite ich nämlich.

Thursday, January 04, 2007

Jobtipp für Reiselustige

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