Thursday, October 19, 2006

Urbankatastrophe Lagos


Zwei Tage Lagos bewältigt. Lagos: die Stadt des ungenierten Wuchers und des noch ungenierteren Dilettantismus. Mit dem ersten Schritt hinaus aus dem Terminal ist man Teil des Chaos. Die Straßen sind Ketten aus Motorrädern, Kleinbussen, Taxen und einigen Privatautos. Kein Durchkommen, keine Regeln. Aber immerhin: Ampeln. Lagos ist berüchtigt für seine elend langen Ampelphasen. Manchmal tut sich zehn, fünfzehn Minuten lang nichts. Den anderen Verkehrsteilnehmern macht das nichts mehr aus. Ein Motorradfahrer balanciert eine Matratze auf dem Kopf. Allenthalben Indifferenz. 15 Millionen wohnen schon hier, 300.000 kommen pro Jahr dazu, jedes Jahr zieht die Stadt weitere Kreise.

Wir fahren stundenlang auf der Suche nach Hotels, aber Kollege D. ist unzufrieden. Das von unseren Geschäftspartnern reservierte Hotel hat er rückwärts wieder verlassen. Er sucht die fehlende Mitte zwischen Sheraton (370 Dollar) und Pension (110). Wir suchen vergebens und landen wieder in letzterem. Beim zweiten Öffnen der Zimmertür habe ich die Klinke in der Hand, leider ohne Tür. Am Morgen wird binnen fünf Minuten ein neuer Schließmechanismus angebracht. Am nächsten Abend wiederholt sich das Schauspiel. D. will es nicht wahrhaben, D. hat in den Ländern X, Y und Z für 50 Dollar bestens gewohnt, das muss doch aus in Lagos gehen! Der Rezeptionist zuckt mit den Schultern, er kann es nicht ändern. Die Stadt ist voller Öl-Expatriates, das treibt die Preise und senkt die Standards. Ab 19 Uhr können Zimmer zwar noch gebucht, aber nicht mehr besichtigt werden. Warum? Hauspolitik.

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