
Bin wieder in Berlin. In meiner Abwesenheit hat man mir eine indonesische Fratze ins Büro gehängt.
Soeben lese ich, dass in Nigeria schon wieder ein Flugzeug abgestürzt ist. Ein ungutes Gefühl verbleibt.
Nächster Stopp: noch unbekannt.
Der Anflug auf Abuja bei Nacht war wie eine Landung im nichts. Wir senkten uns in eine schwarze Fläche, keine Lichter, kein nichts. So ähnlich muss sich eine Notwasserung anfühlen (jedenfalls vor dem Notwassern). In Lagos dagegen ist es genau umgekehrt, das Landen in Lagos ist wie das Landen in einem großen Hühnerstall, man fliegt zehn, zwanzig Minuten nur über besiedeltes Gebiet. Aber Lagos ist natürlich in fast allem das Gegenteil von Lagos (bis darauf, dass es in beiden heiß, stickig und teuer ist und man überall in Nigeria nur das beklagenswerteste Essen zu kaufen gibt).
Wo es in Abuja stets eine Straßenspur zu viel gibt, gibt es in Lagos stets zwei zu wenig. Wo es in Lagos an Platz und Atemluft mangelt, mangelt es in Abuja an Menschen und Geschäften. In den Siebzigern haben sie beschlossen, eine neue Hauptstadt auf dem s.g. Reißbrett zu kreieren, das war damals en vogue, Geld fehlte auch nicht, Ölkrise sei Dank. Also Abuja. In fünfzehn Jahren wollten sie eine neue Weltmetropole schaffen, zudem das bereits kollabierende Lagos von Verkehr entlasten. Sie haben sich einen Ort ziemlich genau in der Mitte des Landes ausgesucht, gut zu erreichen aus allen Richtungen, zudem vergleichsweise neutral zwischen den gegensätzlichen Regionen des Südens und Nordens. Ideale Voraussetzung für eine Totgeburt. Als gerade die ersten Gebäude hochgezogen waren, kamen die Achtziger, die Ölpreise sind abgesoffen und die nigeranische Volkswirtschaft gleich mit. Die Bauarbeiten dauern noch an; mittlerweile ist wieder (vorläufig) Geld vorhanden, überall stehen Kräne. In den günstigeren Konjunkturzyklen hat man sich ein grandioses Fußballstadion, eine gläserne Zentralbank und einige andere monumentale Konstruktionen geleistet, darunter eine äußerst bizarre Kirche. In den Tiefphasen hat man die Arbeiten in der Mitte abgebrochen und entweder halbfertig stehengelassen oder wieder runtergerissen. Das Flair ist un-afrikanisch: es fehlt an Chaos, Staub, Wellblech und verrottenden Fassaden.
Echt ganz weit vorne, die Nigerianer, wie man in meinem Freundeskreis sagen würde.