Thursday, July 05, 2007

tel aviv

befremdung durch das verhalten eines anderen menschen (eine dunkelgelockte junge frau in einem gelben trägerkleid weint kompromißlos in ihr telefon) an einem, mir bis gerade eben fremden ort (garten des cafés sonya gaetzel shapira), wo wir uns jeweils alleine und in keiner weise zueinander verhalten haben, und dann klingelt ihr telefon (eine schöne frau, die weint, auflegt und die hand über die augen legt) und ich verstehe kein wort.

andrew ist engländer, hat ein semester philosophie studiert und lebt seit drei monaten in tel aviv; er bestätigt sich das regelmäßig in seinem blog, die besucherzahlen steigen kontinuierlich, eine australische zeitung habe ihn neulich kontaktiert, ob er sich eine “richtige” (universeller code: das aufhängen der anführungsstriche mit zeige- und mittelfingern in der luft) kolumne vorstellen könne (gelacht habe er, sich aber auch geschmeichelt gefühlt). “Every morning”, sagt er, “I give myself a new task for the day - it’s like an urgent question in need for an answer - I blog the answer!” (”talk to a local about his joys and worries without mentioning your own”).

zwei jungs kaufen in einem supermarkt eine kartoffel und eine packung strohhalme. es ist spät in der nacht.

alleine reisen: eine ständige auseinandersetzung mit dem eigenen verhalten und mit dem hinterfragen des eigenen verhaltens und mit dem beobachten des hinterfragens des eigenen verhaltens (alleine an einem ort sitzen, an dem nicht alleine sitzen wesentlich angenehmer und angebrachter wäre, unter bäumen, auch palmen, in einem kleinen hinterhof, in dem eine schöne weinende frau aufsteht, um zu zahlen).

“go to a cultural event and afterwards meet someone involved.”

mit jemandem unaufälligen unterwegs sein (mit mir).

nur von teelichtern beleuchtet und vom weichen hebräisch vertont, gärten, hinterhöfe, frisuren. ich bin ein auf spiel konzentriertes kleinkind (beobachte, notiere, trinke, esse - hauptsache: zu tun haben, denn hat man zu tun, stört man weniger), denn spielt man, hindert man seine körperhaltung daran, tatenlos auszusehen.

in yafo am strand: eine junge nonne und ein junger soldat waten durch das seichte meer, sie schürzt ihr schwarzes Gewand über die Knie hoch, er trägt eine kurze olivgrüne hose (nicht alles resultiert aus einer laune, vieles ist schlicht und einfach bullshit).

der alleinreisende (ich) ist abends auffälliger, mißt einem kurzen gespräch mit einer kellnerin eine wahnsinnsbedeutung bei.

“eat something typical for israel, ask what it is, teach yourself how to prepare it.”

mein beitrag zu den legenden über das schreiben: schreiben/notieren/recherchieren führt unterwegs dazu, dass man sich selbst in geringerem umfang als ausgangssituation fürs nachdenken nimmt, dafür mehr die anderen bei ihrem nachdenken und einander beobachten und miteinander magisch kommunizieren kommentiert; eine art dialog entsteht, man führt ihn mit den entworfenen figuren (dem englischen blogschreiber), die figuren kratzen sich, harren konflikte aus, man bezieht sich dazu (zu ihren problemen) und schlägt so die zeit erfolgreicher tot als mit schüchternheit.

alisah beginnt ihren nächsten satz mit: “das klingt jetzt vielleicht etwas faschistisch, aber”, und es folgt eine kleine patriotische einlage zum land, zum kampf, zur abgrenzung vom islam usw. auf alisahs handgelenk - ein rotes blumentatoo (schlecht auszumachen im dämmrigen licht dieser schönen bar namens ginzburg).

leise sprechende sprecher sprechen sich vor einer kulisse aus bauhaus-gebäuden (helles rosa, beige) aus, eine katze kitzelt die tischbeine, schokoladensouffle mit vanilleeis (wie das schmeckt, heiß und kalt!), auf autowaschen wird nicht wert gelegt, in den fenster klemmen kleine blauweiße fahnen, und auch heute keine waffe in meiner tasche, ach tel aviv, shht, ein mittelmäßiges fernseh-drama im hotelzimmer, eine schale mit früchten, auch getrockneten, ganz in der nähe, und alisah mag die achtziger-musik.

“diskuss the political situation in middle east with somebody you meet for the second time, but then direct the conversation to something completely different, soccer or sunburn or being alone for example.”

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